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        | Handlungsforscher 
         wie LEIST, LOIBL, KÖRNDLE, SCHERER, THOLEY - mich selbst rechne ich auch 
         dazu - prägen und verwenden diese Begriffe, wenn es um - Bewegungssteuerung, 
         - Bewegungsvorstellung, - kognitive Repräsentation und - Transfer und 
         Lernen geht. Damit verbunden sind - als Folge - handlungs-, wahrnehmungs- 
         und regulationspychologische Analysen zum Auffinden geeigneter methodischer 
         Gliederungen und Lehrmaßnahmen. Ihr Flevo-bike stellt nach meinem Eindruck 
         auch hohe Anforderungen an den Fahrlehrer und seine Methodikkompetenz. |  |   
        |  | Interessant! 
         Vielleicht könnten mir diese Ansätze bei der Lösung der Aufgaben helfen, 
         die ich mir z.Zt. stelle, nämlich freihändig leicht aus einer Kurve herauszukommen, 
         Schlangenlinien und Achten fahren. Zum freihändigen Kurvenfahren hilft 
         es, die Geradeausfahrt, die nach der Kurve kommt, visuell-vorstellungsmäßig 
         vorwegzunehmen. Das hilft mir offensichtlich sehr dabei, dass sich das 
         Rad ohne Kraftaufwand scheinbar wie von selbst wieder aufrichtet. Schlangenlinien 
         scheiterten bei mir lange Zeit daran, dass sie sich aufschaukelten, extremer 
         und unkontrollierbar wurden. Wenn man den Kurvenwechsel früher antizipiert, 
         bleibt die Amplitude der Sinusschlange moderato. Ich habe den Konstrukteur 
         des Flevo-bikes, Johan Vrielink in Dronten dazu befragt. Zum Kurvenwechsel 
         und gegen das Übersteuern in der Kurve rät und demonstriert Mijnher Vrielink 
         einfach: In langsamen Kurven die äußere Schulter zurücknehmen! Also nicht 
         mit dem Oberkörper in die Kurve hineinrotieren. Wieder ganz analog wie 
         beim Skilaufen. |   
        | Das 
         deutet auf die hohe Bedeutung der Antizipation, die sich aus Situationswahrnehmung, 
         Bewegungserfahrung und -gefühl und aus vielfältigen Erfahrungen von Operations-Effekt-Beziehungen 
         speist. Dann bleibt nur noch zu klären, wie all diese Einsicht im Kopf 
         meinen stummen Diener Kleinhirn (das Kleinhirn birgt und speichert alle 
         motorischen Routineprogramme) dazu bringen kann, mich auch entsprechend 
         zu bedienen.Ich habe da schon einige Fragen: Einmal an das Fahrrad selbst, 
         das mir entdecken müsste, was es haben will. Wie reagiert das Gerät, 
         was will es von mir? Fragen auch an jemanden, der es kann: Welche Vornahmen 
         treffen Sie - vor dem Anfahren, vor Kurven etc. Welche Tricks haben Sie 
         für sich entwickelt? Auf welche Reaktionen des Gerätes achten Sie besonders? 
         Gehen alle Steuerbewegungen immer von Ihnen selbst aus, oder überlassen 
         Sie sich dem Gerät und warten einfach ein bisserl zu, dass etwas von 
         alleine geschieht? Insbesondere wären auch Fehler und Ach-so!-Erlebnisse 
         (motorische Aha-Erlebnisse) aus Ihrem eigenen Lernprozess spannend. Kennen 
         Sie Situationen, in denen das Rad mit Ihnen macht was es will? Mit welchen 
         Vorstellungen haben Sie sich während des Lernprozesses herumgeschlagen? |  |   
        |  | Innere 
         Vorstellungen, mh... Ich hatte lange Zeit das Bild, ich fahre auf einem 
         Tigerrücken entlang, quergestreift, nach beiden Seiten immer steiler 
         abfallend, in der Mitte nur eine schmale Spur, auf der sich locker im 
         Gleichgewicht fahren lässt. Kommt man davon ab, ist es mühsam, auf die 
         Mittellinie zurückzugelangen. Davon ist die Leitvorstellung geblieben, 
         tatsächlich ruhig und mittig, 'entspannt im Hier und Jetzt' um die antizipierte 
         Ideallinie herum zu schwingen. Ich las einmal über das Flevobike: "Man 
         fährt es entweder entspannt oder gar nicht". Die Fahrtüchtigkeit wird 
         spürbar durch Stressoren gemindert: Ein Hund, der mich in den Arm beißen 
         könnte (der Arm ist in Höhe der Hundeschnauze, und nach ihm treten kann 
         ich nicht!), ein Passant, der in einer engen Durchfahrt auftaucht, jeder 
         unerwartete Verkehrsteilnehmer, alles das kann die Gelassenheit irritieren. |   
        | Das 
         lässt mich vermuten, dass Sie Ihren Tieflieger vorwiegend feiertags auf 
         dem Aldi-Parkplatz fahren. |  |   
        |  | So 
         hat es auch angefangen. Man fährt anfangs, wohin das Rad fährt, und ist 
         vollauf damit beschäftigt, überhaupt oben zu bleiben. Als Anfänger lässt 
         man sich von Hindernissen ganz viel Raum wegnehmen, viel mehr als "objektiv" 
         notwendig wäre. Aber man fährt eben in einem subjektiven, in einem erlebten 
         Raum und nicht in einem euklidisch-metrischen Raum. Angst verkleinert 
         diesen Raum. |   
        | Wie 
         ist das im Verkehr, sind Sie sicher? Sind andere vor Ihnen sicher? Ich 
         sehe an Ihrem Gerät auch weder Rückspiegel, noch Blinker oder Blaulicht. |  |   
        |  | Im 
         Verkehr bleiben Probleme. Der Blick über die Schulter ist eingeschränkt. 
         Man weiß nie, ob man besonders auffällt oder ob man besonders übersehen 
         wird. Und mir widerstrebte es, dieses pure Stück Technik mit Rückspiegel 
         undWarnfähnchen zu verschandeln! An vollgeparkten Einmündungen kann man 
         nicht über die Autodächer hinwegschauen: Da habe ich mir den Blick in 
         die Kurve durch die Autoscheiben und unter den Autos hindurch angewöhnt. 
         Durchschlängeln ist nicht drin, das Rad ist ja auch nicht so wendig. 
         Man muss sich insgesamt disziplinierter verhalten. Es machte mir ein 
         Jahr lang die größten Schwierigkeiten, den Blick von der Fahrtrichtung 
         abzuwenden, um etwa nach rechts in eine Einfahrt zu schauen. Ich habe 
         das probiert und geübt. Den Kopf nach links wenden, in die Landschaft 
         schauen, das brachte mich anfangs aus dem Gleichgewicht. |  weiter
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